Chronik des Trachtenvereins „Almenrausch und Edelweiß“ Kelheim

 

 Die Heimatzeitung „Altmühlbote“ vom 16. Mai 1919 verkündete folgende Notiz: „Kelheim, 16. Mai 1919. (Neuer Verein) Vor kurzem wurde dahier ein Verein gegründet, der den Namen Touristenclub ,Almenrausch und Edelweiß‘ führt. Genannter Verein hat den Zweck, seine Mitglieder im Gesang und in Plattlertänzen auszubilden und ihnen durch Veranstaltung von Vergnügungen verschiedener Art Unterhaltung zu bieten.“

 

Von den Oberlandlern aber, die einst als Handwerksgesellen, Bauleute, Händler, Kaufleute oder auch als Dienstboten und Waldarbeiter in die Gegend von Kelheim kamen, lernten sie die für das Bayernland typischen Schuhplattler und andere Tänze und legten sich die Miesbacher Gebirgstracht zu, deren Anschaffung von den Buam und Deandln bei den damaligen geringen Einkommen echte finanzielle Opfer verlangte.

 

Als die Gründungsmitglieder im Jahre 1919 im Gasthaus „Goldenes Kreuz“ in Kelheim zusammentraten, konnten sie schon auf einen Stamm zurückgreifen, nämlich auf den Touristenclub von 1911; man einigte sich auf den Namen „Almenrausch-Edelweiß“ und der neue Trachtenverein war gegründet. Als 1. Vorstand wurde Hans Schindlbeck (im Bild zusammen mit seiner Frau Käthe) gewählt, 1. Vorplattler wurde Heinrich Singerl, Kassier Sepp Reithmeier und Schriftführer Sepp Dantl.

 

Ziemlich rasch wuchs der Verein auf 50 Mitglieder an. Schon im Jahre 1921 konnte feierlich die Standarte enthüllt werden, die bei den Trachtenumzügen mitgetragen wurde. Die Standartenweihe war auch Anlass zum ersten Kelheimer Trachtentreffen. Im Jahre 1922 erwarb der Verein die ersten Kelheimer Bürgertrachten. Eine Delegation aus Kelheim wirkte zusammen mit den Delegierten weiterer 13 bayerischer Trachtenvereine im Jahre 1925 bei der Gründung des Donaugau Trachtenverbandes mit. Durch regelmäßige Vereinsabende, zahlreiche Plattler- und Gesangsproben und gefälliges Auftreten wurde der Verein in der Öffentlichkeit sehr rasch beliebt. Dies wird auch der Anlass gewesen sein, in der Nähe der Weltenburger Straße eine eigene Vereinshütte im oberbayerischen Stil zu bauen, die aber im Jahre 1928 wegen finanzieller Schwierigkeiten wieder verkauft werden musste.

 

 Beim Umzug in Regensburg 1921

Während des 2. Weltkrieges, in der Zeit vom 25. November 1941 bis Februar 1946, musste die Vereinstätigkeit ruhen. Die erste ordentliche Generalversammlung am 29. März 1946 wählte im Gebhartsaal folgende neue Vorstandschaft: 1. Vorstand Georg Wagner, 2. Vorstand und Schriftführer Max Rott, Kassier Josef Wagner, 1. Vorplattler Johann Schlauderer.

 

Einen wichtigen Abschnitt in der Vereinsgeschichte kündete – damals noch ganz unbewusst – der Altmühlbote im April 1950 an: „Heimkehrer. In der vergangenen Woche kehrte der alte Trachtenkamerad des Trachtenvereins ,Almenrausch und Edelweiß‘, Sepp Hackl, aus russischer Kriegsgefangenschaft zurück. Der Heimkehrer wurde von der Kapelle Ilnseher mit einem Ständchen empfangen und bei der Wiedersehensfeier des Vereins (am 23. April 1950) erhielt Hackl einen Geschenkkorb und einen Ehrentanz.“ Noch im gleichen Jahre, am 23. September 1950, wurde dieser Sepp Hackl zum 2. Vorstand und am 5. Oktober 1952 zum 1. Vorstand gewählt.

Der Wahlspruch „Treu dem guten alten Brauch“ wurde von allen Mitgliedern stets hoch gehalten und so konnte manches wertvolle Kulturgut aus dem Durcheinander der Nachkriegszeit gerettet werden.

Die im Jahre 1946 gegründete Kapelle Ilnseher trat dem Verein geschlossen bei und hat unter Leitung von Kapellmeister August Heerwagen den Namen Kelheim in ganz Bayern, ja in der Bundesrepublik bekannt gemacht; sein Werk wurde durch Toni Steger fortgesetzt. In aller Erinnerung ist noch eine Floßfahrt auf der Donau im Jahre 1950 mit großartigem Umzug in Regensburg, sowie einem Heimatabend im Spitalgarten in Stadtamhof. Zahlreiche Fahnenweihen wurden besucht.

Ein großes Nachkriegsereignis war die Fahnenweihe am 13. und 14. Juli 1951, verbunden mit dem 26. Donaugaufest in Kelheim. Als Patenverein fungierten „D’Altmühler“ Eichstätt. Besonders begrüßt wurde neben den Vereinen des Donaugaues der SBV Iserlohn, der 600 Kilometer weit gefahren war. Als Gegenbesuch unternahmen die Kelheimer am 2. Mai 1952 eine dreitätige Sauerlandrundfahrt.

 

1953 nahm der Verein mit der Kapelle Heerwagen am großen Trachtenfestzug am Münchner Oktoberfest teil. Aufsehen erregten die Kelheimer beim 50jährigen Gründungsfest der „D’Schierachtaler“ in Nürnberg am 29. Juni 1957, an dem 2500 Trachtler teilnahmen. Auch zahlreiche andere Trachtenfeste wurden besucht. So blieb es nicht aus, dass das eigene 40jährige Gründungsfest der Almenrauschtrachtler in Kelheim vom 25. bis 27. Juli 1959 durch den Besuch von 40 Vereinen ein großer Erfolg wurde. 1961 übernahmen die Kelheimer bei der Fahnenweihe des Nachbarvereins „Donautaler Saal“ die Patenschaft. 1962 beschloss der Ausschuss, 10 Paare Kelheimer Volkstrachten anzuschaffen, die erstmals beim großen historischen Festzug im Jahre 1963 anlässlich der Jahrhundertfeier der Befreiungshalle getragen wurden. Am 27. und 28. Juni 1969 war der Verein Pate bei der Fahnenweihe der „Randecker Buam“ in Essing.

 

Bei der 50-Jahr-Feier am 9. und 10. August 1969 war das Festzelt auf dem neuen Kelheimer Volksfestplatz mit 4.000 Personen jeden Tag voll. Gauvorstand Strobl überreichte dem 1. Vorstand Sepp Hackl für den Verein das goldene Gauabzeichen. Die drei Gründungsmitglieder Ludwig Reithmeier, Sepp Wagner und Sepp Reithmeier wurden mit dem Ehrenzeichen des Donaugaues dekoriert.

 

Zu dieser Zeit war der Verein auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Eine Gesangs- und Musikgruppe wurde durch Lehrer Lothar Pirthauer ausgebildet, die bei der 50-Jahr-Feier sowie beim Gaufrühjahrsliedersingen und bei verschiedenen Anlässen sehr gute Darbietungen in Musik und Gesang bieten konnte.

 

Großen Aufschwung nahm die Vereinsarbeit, als im Jahre 1970 das Vereinslokal von dem vor der Stadt gelegenen „Langkeller“ in die mitten in der Stadt gelegene Sommerhalle des „Weißen Brauhauses“ verlegt wurde. Im Dezember 1970 konnte die erste Weihnachtsfeier von der Musik- und Gesangsgruppe unter Leitung von Lothar Pirthauer abgehalten werden.

 

Am 25. April 1971 richtete der Verein das Wertungsplatteln des Donaugaues aus. Im großen Festsaal des Weißen Brauhauses zeigten 72 Buam und Deandln aus 11 Vereinen ihr Können, wobei 3 Gold- und 10 Silbermedaillen an die Kelheimer gingen, die am 12. Juni 1971 bei einem öffentlichen Heimatabend überreicht wurden.

 

In der Landeshauptstadt München wurden die Kelheimer Volkstrachten beim Oktoberfestzug am 22. September 1974 gezeigt.

 

Nach 55 Jahren haben sich drei Mitglieder entschlossen, die Vereinsgeschichte in Wort und Bild in einer übersichtlichen Chronik darzustellen. Dies waren Schriftführerin Traudl Tratner, Kassier Anderl Tratner, sowie der 2. Vorstand Richard Fritz. Das Jahr 1975 sollte dazu dienen, die zusammengetragenen Unterlagen fein säuberlich zu ordnen und in einer groß angelegten Chronik anschaulich darzustellen.

 

Auf Anregung des Jugendleiters Anderl Tratner wurde 1976 wieder eine Volksmusikgruppe aufgebaut. Diplommusiklehrer Heinrich Leidl übernahm es, mit den Buam und Deandl, die ja schon immer gesungen und musiziert hatten, eine geordnete und disziplinierte Gruppe aufzubauen. Bereits am 4. April 1976 gelang es der jungen Kelheimer Gruppe beim Frühjahrssingen und Musizieren in Eichstätt unter 13 anderen Gauvereinen unter Leidl’s Leitung begeisterten Beifall zu ernten.

 

Eine ganz besondere Leistung hatten die Almenrauschtrachtler zur Vorbereitung auf Maria Hellwig’s Fernsehsendung „Die Musik kommt“ zu erbringen. Am 11. Juli 1976 war der große Tag der Aufnahme für alle Trachtenträger: 16 Volks- und 46 Gebirgstrachtenträger jubelten Maria Hellwig bei ihrem Einzug zu. Am 13., 14. und 15. Juli waren die Volkstanzgruppe, die Schuhplattlergruppe und die Kelheimer Saitenmusi Ziel der Fernsehkameras und bei der Ausstrahlung der Sendung am 24. Juli 1976 konnten alle erleichtert feststellen, dass sich der Stress gelohnt hatte.

 

An der Vereinigtentagung der Bayerischen Trachtenverbände, die vom Donaugau am 24. und 25. September 1977 in Ingolstadt ausgerichtet wurde, legten die Volkstänzer, der Deandlgesang mit Zitherbegleitung und die Flötengruppe Beweise ihres Könnens ab.

 

In der Frühjahrsversammlung am 9. April 1978 im großen Festsaal des „Weißen Brauhauses“ in Kelheim wurde von den Delegierten des Donaugaues einstimmig der Beschluss gefasst, das 55. Donaugau-Trachtenfest nach Kelheim zu vergeben. Am Nachmittag des 9. April 1978 trafen sich im gleichen Saal die aktiven Sängerinnen und Sänger sowie die Volksmusikanten. Dass dabei die „Kelheimer Saitenmusi“ unter Leitung von Heinrich Leidl mit dabei war, versteht sich von selbst.

 

Ein gerütteltes Maß an Arbeit und unermüdlicher Tätigkeit für den Verein leistete der 1. Vorstand, Sepp Hackl. Am 8. Juli 1978 wurde er für seine 50jährige Vereinsmitgliedschaft, wobei er 25 Jahre als Vorstand tätig war, gebührend geehrt.

 

Das 60jährige Gründungsfest wurde in Verbindung mit dem 55. Donaugau-Trachtenfest am 19. und 20. Mai 1979 ganz groß gefeiert. Am Samstag fand ein Heimatabend im vollbesetzten Bierzelt statt und 11 Mitglieder konnten für langjährige Mitgliedschaft geehrt werden. Nach dem Heimatabend am Samstag, zelebrierte am Sonntag Stadtpfarrer Seitz bei strahlendem Sonnenschein auf dem Stadtplatz den Gottesdienst, feierlich umrahmt von der Gesangsgruppe des Alpenvereins mit der Waldlermesse. Ein farbenprächtiges Bild bot der Festzug. Er wurde angeführt vom Gauausschuss des Donaugau-Trachtenverbandes und dem 1. Vorsitzenden der Vereinigten Bayerischen Trachtenverbände Hans Zapf, gefolgt von 52 Trachtenvereinen aus 10 verschiedenen Gauverbänden.

 

Im Jahre 1980 richtete der Verein das Wertungsplatteln des Donaugaues aus. 94 Buam, 89 Deandl und 9 Gruppen aus 12 Gauvereinen waren beteiligt, wobei es für die Kelheimer 6 Gold- und 16 Silbermedaillen gab.

 

Mit 40 Gebirgs- und 24 Volkstrachtlern war der Trachtenverein im Jubiläumsjahr 1981 zur 800-Jahr-Feier der Stadt beim großen Festzug vertreten. Der Beitrag des Trachtenvereins, ein großer Heimatabend im Bierzelt, erhielt viel Beifall.

 

Unter strömendem Regen fand am 18. und 19. Juli 1981 das Jugendzeltlager des Donaugau-Trachtenverbandes auf dem Gelände der Schule Nord statt.

 

Die Wahlen 1981 brachten eine Änderung in der Vereinsführung. Sepp Hackl, 28 Jahre im Amt, stellte sich nicht mehr zur Wahl. 1. Vorstand wurde Anderl Tratner. Sepp Hackl wurde für seine Verdienste als langjähriger Vorstand zum Ehrenvorstand ernannt, seine Frau Sophie zum Ehrenmitglied.

 

1982 beteiligten sich die Jugend- und Volkstanzgruppe beim Bayerischen Abend in Frankfurt Hoechst und beim Empfang im Kaisersaal des Frankfurter Römer durch Oberbürgermeister Wallmann.

 

Unvergesslich bleibt den 18 Volkstrachtlern und 20 Jugendlichen die Teilnahme beim Jahrhundertfest in München am 3. Juli 1983.

Zwei harte Jahre ohne Vereinsheim waren vergessen, als im Juli 1983 der von Dr. Georg Schneider und seiner Frau Margarete erbaute Vereinspavillon im Garten des Weißen Brauhauses eröffnet wurde.

 

1986 waren 2 Paare in Kelheimer Bürgertracht dabei, als auf Einladung des Bürgermeisters der Stadt Ambares bei Bordeaux eine Delegation der Stadt Kelheim nach Frankreich reiste, um sich über mögliche Schritte eines Austausches zu unterhalten. Am 13.08.1989 folgte der Festakt anlässlich der Städtepartnerschaft Ambares – Kelheim.

 

Ein weiterer Höhepunkt im Jahr 1986 war die Fahrt für 8 Paare Jugend zum Heideblütenfest nach Bokel in der Lüneburger Heide. Am 15.11.1986 durfte die Kelheimer Jugend beim 1. Bayerischen Trachtenjugendtag im Auditorium der Universität Regensburg den Donaugau vertreten.

 

In Würdigung seiner außerordentlichen Verdienste als Freund und Förderer des Trachtenvereins Kelheim wurde Dr. Georg Schneider anläßlich seines 60. Geburtstages am 01.02.1988 zum Ehrenmitglied ernannt.

 

Am 24.04.1988 fand die Frühjahrsgauversammlung des Donaugau-Trachtenverbandes mit Volksmusiknachmittag im Weißen Brauhaus statt.

 

Das 70-jährige Gründungsfest wurde zusammen mit dem 65. Donaugaufest am 20. und 21. Mai 1989 gefeiert. 50 Trachtenvereine, 13 Schützenvereine und 11 Musikkapellen waren beim Festzug dabei.

 

Beim Wertungsplatteln des Donaugau-Trachtenverbandes am 06.05.1990 im Weißen Brauhaus Kelheim gingen 9 Gold- und 10 Silbermedaillen an die Kelheimer Jugend.

 

40 Jahre freundschaftliche und treue Verbundenheit zwischen dem Weißen Brauhaus und der Familie Schneider und dem Trachtenverein Kelheim wurden am 04.08.1990 im Pavillon gefeiert. Ob Geburtstagsfeier von Dr. Georg Schneider, Bräugirglfest, bayerische Kindstauf Thal Nr. 10, Sudhauseinweihung, Erntedankfest, Hochzeit von Georg Schneider jun. oder 125 Jahre Schneider Weisse – die Kelheimer Trachtler waren dabei. Die Übernahme des Bierausschankes für das Weisse Brauhaus beim jährlich stattfindenden Kreisstadtfest ist eine besondere Ehre.

 

Ein unvergessliches Erlebnis für alle Mitglieder war das Patenbitten der Neustädter Trachtler am 16.02.1991 und die Patenschaft bei der Fahnenweihe am 11. und 12. Mai 1991 in Neustadt.

 

Am 28. Mai 1994 wurde das 75-jährige Vereinsjubiläum im kleinen Rahmen gefeiert. Von den aktiven Mitgliedern wurde ein Feldkreuz gestiftet, das an der Osteinfahrt Kelheims errichtet wurde und anlässlich der Jubiläumsfeier eingeweiht wurde. Am 31. Mai jeden Jahres findet die letzte Maiandacht am Vereinskreuz statt.

 

1997 wurde das Jugendzeltlager des Donaugaues bei der Kelheimer Dreifachturnhalle abgehalten, an dem über 300 Kinder und Jugendliche teilnahmen.

 

Unvergesslich sind allen Beteiligten die Auftritte beim spanischen Oktoberfest in Callela an der Costa Brava 1997 und 2000 und beim Weinfest in Klotten an der Mosel 1998.

 

Das 80-jährige Gründungsfest wurde am 15. Mai 1999 mit einem großen Heimatabend im Festzelt gefeiert.

 

Im Mai 2000 übernahm der Kelheimer Trachtenverein die Patenschaft beim Heimat- und Kulturverein Bad Abbach.

 

Eine Abordnung des Vereins reiste mit der Delegation der Stadt Kelheim 2007 nach Soave, Italien, um bei der Unterzeichnung der Städtepartnerschaft Soave – Kelheim dabei zu sein.

 

Anderl Tratner stellte sich nach 26 Jahren als 1. Vorstand bei der Neuwahl im Oktober 2007 nicht mehr zur Verfügung. Für sein Wirken wurde er zum Ehrenvorstand ernannt. Zu seiner Nachfolgerin wurde Gabi Hamberger gewählt.

 

Am 23. Mai 2009 feierte der Trachtenverein Almenrausch Edelweiß Kelheim mit einem Gottesdienst und Heimatabend sein 90-jähriges Bestehen.

Kelheimer Bürgertracht
Kelheimer Bürgertracht